Der Landesjagdverband Schleswig-Holstein (LJV) hat im November 2022 eine Presseerklärung herausgegeben, in der auf die Gefahr hingewiesen wird, dass die räumliche Trennung durch Autobahnen, Siedlungen und Bahnlinien zu Inzucht und Missbildungen beim heimischen Rotwild führen kann, da sich die Populationen nicht mehr genetisch austauschen können.
Andererseits ist nachzulesen, dass die Ausbildung von Isolationsmechanismen wesentlich sei für den Vorgang der Artbildung im Sinne des Charles Darwin. Bei den nach ihm benannten Darwinfinken wird angenommen, die Gründerpopulation könne möglicherweise aus nur einem einzigen trächtigen Weibchen hervorgegangen sein.
Was also könnte bzw. würde geschehen, wenn die durch den Menschen hervorgerufene Isolation beim Rotwild dauerhaft aufrechterhalten werden würde?
Der LJV warnt vor genetischer Verarmung und daraus resultierenden Missbildungen bei den Wildtieren. Dies müsste wiederum im Falle des Darwinfinken in noch erheblich größerem Maße aufgetreten sein. In der Natur sind missgebildete Individuen nicht lange überlebensfähig. Ebenso wie kranke oder verletzte Tiere werden sie innerhalb kürzester Zeit den Beutegreifern zum Opfer fallen – oder schlicht verhungern und verdursten, wenn eine Nahrungsaufnahme nicht möglich ist. Sie scheiden damit also auf natürliche Weise aus dem Genpool aus. Es ist aber auch denkbar – und beim Darwinfinken ja auch erwiesen –, dass sich langfristig eine Veränderung in den Genen auch mal als Verbesserung erweist und sich damit durchsetzt. In diesem Falle wäre es sogar von Vorteil, wenn die Anzahl der infrage kommenden Individuen eher klein bleibt, damit diese genetische Veränderung innerhalb der Population auch möglichst oft weitergegeben wird. Wenn sich die Veränderung als echter evolutionärer Vorteil erweist, wird die Anzahl der Tiere, die diese Erbinformation in sich tragen, schnell von selbst erhöhen.