Projekt „Wilder Wald“

Der jährlich erstellte Waldzustandsbericht  der Bundesregierung wiederholt gebetsmühlenartig fast in jedem Jahr die Zusammenfassung: dem deutschen Wald geht es schlecht. Gesehen, gelesen, abgeheftet. Zurück zur Tagesordnung. – Auf der anderen Seite sehe ich Tag für Tag, dass vorhandene  Bepflanzung weichen muss für Neubauten, Instandsetzungen oder einfach nur gärtnerische Veränderungen. Wie schade, dass niemand mehr Verwendung hat für kerngesunde, aber überzählige Büsche und Bäume.

Hier setzt mein Gedanke an: Wie wäre es denn mit einer Art Gnadenhof für Pflanzen?!

Ich stelle mir dabei folgendes vor: Man nehme zunächst einmal ein freies Grundstück, vielleicht für den Anfang ungefähr von der Größe eines Fußballfeldes. Es muss nicht besonders „schön“ sein, nicht einmal ebenerdig. Auch vorhandener Wildbewuchs ist erstmal kein Problem. 

Auf diesem Grundstück werden nun erst einmal Rundwege angelegt, so dass man einigermaßen trockenen Fußes überall hinkommt. Diese Wege können in schlichtester Weise mit einer wassergebundenen Decke versehen sein; das Hauptziel dabei ist, dass man zumindest in der Anfangsphase nicht in schlammigem Boden versinkt. Damit wäre die Hauptarbeit bereits erledigt.

Waldgebiet
Nun stellt man das vorbereitete Gelände der Öffentlichkeit zur Verfügung. Jedem Menschen wird es freigestellt, aus eigenem Besitz vorhandene Pflanzen, die noch völlig gesund sind, für die man aber keine Verwendung mehr hat, hierherzubringen und sie an geeigneter Stelle einzupflanzen.  
Was dabei geschieht, mag zuerst einmal als totales Chaos erscheinen. Die unterschiedlichsten Pflanzenarten werden durcheinandergeraten. Das eine oder andere wird hier nicht überleben können. Für einige Pflanzen sind die klimatischen Bedingungen oder der vorhandene Boden nicht geeignet. Andere Pflanzen konkurrieren gegenseitig um den Lebensraum. Aber nach einiger Zeit wird sich der gewünschte Effekt bemerkbar machen: Die stärksten und gesündesten Pflanzen überleben und breiten sich aus. Bäume wachsen und bilden einen Mischwald, der im großen und ganzen sich selbst überlassen bleiben kann, oder eine Streuobstwiese. Kleinere Klimazonen entstehen, die wiederum die Ansiedlung von Wildpflanzen, aber auch von Amphibien und Insekten unterstützen. Vielleicht „spendet“ jemand eine gewisse Restmenge Kies; in irgendeiner Ecke des Grundstücks entsteht daraus eine Sanddüne, in der sich eine ganz besondere Flora und Fauna ansiedeln kann. An anderer Stelle sammelt sich Oberflächenwasser und bildet einen Teich, der für die nötige Bodenfeuchtigkeit sorgt. Grössere Kieselsteine, von den Landwirten der Umgebung auf ihren Ackerflächen eingesammelt und hier aufgeschichtet, ergeben einen idealen Lebensraum für einheimische Arten wie Erdkröten oder Kreuzottern. Die Wege, die zu Beginn nur die Erreichbarkeit aller Flächen sicherstellen sollten, werden bald zu beliebten Wanderwegen, das ganze Gebiet mausert sich zu einem Erholungsgebiet für Mensch und Natur. Informationstafeln an den Zugängen erklären die verschiedenen Bereiche, idealerweise beschreiben sie auch die eine oder andere Pflanzenart. Auf natürliche Art entstehende Verluste werden dadurch ausgeglichen, dass die Bevölkerung auch weiterhin und dauerhaft berechtigt ist, ja sogar  dazu ermuntert wird, eigene Pflanzen beizusteuern.

Die hauptsächlichen Kosten für ein derartiges Projekt entstehen natürlich bei der Anschaffung des eigentlichen Grundstücks. Aufgrund der besonderen Wichtigkeit gegenüber Mensch und Natur sollte so etwas aber mit Hilfe öffentlicher Fördergelder (oder Spenden) umsetzbar sein. Die Urbarmachung und die Vorbereitung der Wege könnte man beispielsweise als örtliches Schulprojekt ansetzen oder als Fördermaßnahme der staatlichen Eingliederungshilfe anerkennen lassen. Eine Umzäunung des Geländes halte ich nicht für notwendig; der Zuzug von Wildtieren ist durchaus erwünscht, und ein gewisses Maß an Verbiss muss als normaler Schwund betrachtet werden. Außerdem dienen die Pflanzen auf diese Weise auch als natürliche Nahrungsquelle und reduzieren die Verluste auf den umliegenden bewirtschafteten Ackerflächen. Leider wird es notwendig sein, an den Zugängen und Wegen einige Müllbehälter aufzustellen und diese regelmässig zu entleeren; dies zählt jedoch ebenso wie in den Wohnorten zu den Aufgaben der Kommunalverwaltung und könnte sozusagen mit erledigt werden.

Eine durchaus ähnliche Idee verfolgte übrigens bereits Andreas Gayk, der nach dem Zweiten Weltkrieg Oberbürgermeister der Stadt Kiel war und maßgeblich zu ihrem Wiederaufbau beitrug. Die nach seiner Idee bepflanzten Trümmerflächen werden noch heute liebevoll als „Gayk-Wäldchen“  bezeichnet.

Signale

Der italienische Physiker Enrico Fermi stellte 1950 eine interessante These auf, die sich zusammenfassen lässt mit der Frage: Wenn da drauße...