Zu allen Zeiten haben Menschen das, was ihnen besonders auffiel, in künstlerischer Weise dargestellt. Dabei standen ihnen natürlich nur die Hilfsmittel und Vergleichsmöglichkeiten in ihrer Umgebung und der jeweiligen Epoche zur Verfügung. Das begann in frühester Zeit mit Felsritzungen und mehr oder weniger primitiven Bearbeitungen von Stein oder Holz. Kreative Köpfe nutzten das vorhandene Material, um Farben herzustellen, die teilweise bis in unsere heutige Zeit erkennbar blieben.
Nun hat man stets versucht, das Gesehene und Erlebte zu vermitteln. Dies allerdings ist – dem jeweiligen Zeitgeist geschuldet – nur in begrenztem Maße möglich. In der Kinderstube der Menschheit werden schon Dinge wie Naturereignisse, die uns heute selbstverständlich erscheinen, zu großer Verwirrung und Angst geführt haben. Der Mensch, der gerade erst dabei war, sich über die Kontinente auszubreiten, wurde ständig mit neuen Bedrohungen konfrontiert; neue, noch unbekannte Tierarten kreuzen seine Wege, überraschende Wetterphänomene bedrohen das Überleben. Die eigene Phantasie spielt einem Streiche; in jedem Stück Totholz steckt vermeintlich die Fratze eines Waldgeists.
In späteren Zeiten wurde aus einfachen Beobachtungen eine Kunst, die auch Gedanken und Empfindungen auszudrücken versuchte. Die figürlichen Darstellungen wurden inhaltvoller. Die Hochphase dieser Entwicklung dürften wohl die ägyptischen Hieroglyphen ebenso wie die Maya-Schriften sein. Beide enthalten Informationen, die bis zum heutigen Tage nicht entschlüsselt sind.Und hier zeigt sich das Problem der Vermischung von realer und abstrakter Darstellung. Die reale Kunst ist leicht interpretierbar: Ein Bison ist ein Bison, eine Jagdszene lässt sich leicht als solche erkennen.
Aber was mögen sich die Menschen beispielsweise bei einer Petroglyphe (Ometepe Island, Nicaragua) wohl gedacht haben? Was hatten sie dabei vor Augen?
Andere Darstellungen lassen sich technisch interpretieren – aber nur deshalb, weil wir in der heutigen Zeit über das dafür nötige Know-how verfügen. Als eines der bekanntesten Beispiele hierfür sei der Mechanismus von Antikythera erwähnt: ein ausgeklügelter Apparat, der „mit Hilfe von Zahnrädern und Zifferblättern astronomisch-kalendarische Zusammenhänge zeigte“. Eine unglaublich feine Arbeit, die große Kenntnisse in der Astronomie ebenso wie in der Feinmechanik voraussetzt. Aber: wie konnte ein derartiges Gerät in ein Schiff gelangen, das in vorchristlicher Zeit unterging?
Moderne Interpretationen können aber auch zu Missverständnissen führen. So geschehen bei den Abydos-Hieroglyphen: Hier sah es zunächst aus, als seien in einer uralten Inschrift moderne Dinge wie Panzer oder Hubschrauber zu erkennen. Dieser Irrtum konnte überhaupt erst dadurch entstehen, dass wir in unserer modernen Welt solche Dinge kennen, die wir in den alten Zeichen wiederzuerkennen glauben. Noch vor hundert Jahren wäre diese Interpretation gar nicht möglich gewesen.
Ähnlich dürfte es bei den „Glühbirnen von Dendera“ sein: hier handelt es sich um „ein Motiv mit blasenförmigen Behältern“. Die Assoziation mit einer modernen Glühbirne liegt nahe; zumal die damit verbundene Verwendung von künstlichem Licht eine Erklärung bieten würde, wie unterirdische Räume bei der Bearbeitung ausgeleuchtet werden konnten. Allerdings wird sich diese gedankliche Verbindung bei zukünftigen Generationen wohl nicht mehr einstellen, denn schon heute ist die Glühbirne in dieser klassischen Form ein Auslaufmodell und wird zusehends durch moderne Leuchtmittel wie Leuchtdioden ersetzt.
Um noch ein Beispiel zu nennen: es gibt Darstellungen von menschlichen Körpern mit Strahlenkränzen, die mit „Antennen“ verglichen werden. Ältere Generationen werden damit noch eine gewisse Assoziation verbinden; in der modernen Welt sind diese aber nicht einmal mehr für Mobiltelefone notwendig. Auch hier wird der vermeintlich naheliegende Zusammenhang im Lauf der Zeit verlorengehen.
Das „Sieht-aus-wie“-Spiel ist also immer auch eine Frage der Zeit und des Bildungs-Umfeldes, in dem es gespielt wird. Meinungen ändern sich, Interpretationen entstehen und vergehen. Es muss aber auch die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dass unsere Vorfahren tatsächlich reale Geschehnisse wahrgenommen und dargestellt haben, die wir selbst mit unserem heutigen Wissensstand noch immer nicht erklären können. Hier wird erst die Zukunft das nötige Verständnis ermöglichen. Auch hierfür ein Beispiel: noch vor einigen Jahren galten Computer-Disketten als neueste Innovation. Niemand konnte voraussehen, dass sie innerhalb nur weniger Jahre ersetzt werden würden durch winzige Steckbausteine mit der Größe eines Fingernagels.