Wer war der erste Gott?

Wer genau war der allererste Gott, an den geglaubt bzw. der von uns Menschen verehrt wurde? So lautete eine Frage, die in der Ausgabe 4/2022 der Zeitschrift "Sagenhafte Zeiten" gestellt wurde. Hier meine Gedanken dazu.

Um sich der Beantwortung dieser interessanten Frage anzunähern, muss man zunächst zwei Punkte definieren: a) was ist ein Gott, und b) wann und womit beginnt eine Verehrung?

Punkt a) möchte ich kurz zusammenfassen mit "ein höheres, mir überlegenes Wesen, ausgestattet mit der Macht und/oder den Mitteln, mein eigenes Leben, Hab und Gut in einer Weise zu schützen, zu der ich selbst nicht in der Lage bin". Eine Macht also, die mich zum Beispiel vor Umwelteinflüssen beschützt wie Stürmen, Blitzeinschlägen oder ähnlichen Katastrophen, über die ich selbst keine Kontrolle habe; die mich aber ebenso auch zu beschützen vermag vor bösartigen Raubtieren oder feindseligen Nachbarn.

Der Punkt b) scheint mir schwieriger zu sein. Die höheren Mächte, die zu verstehen weit über meine geringen Kenntnisse hinausgeht, tun und lassen vermeintlich das, was immer ihnen gefällt. Es käme also darauf an, sich mit diesen Mächten gutzustellen. Das beginnt bereits mit einfachsten Ritualen, Beschwörungen oder auch Gebeten. Diese werden erleichtert durch eine bildliche oder figürliche Darstellung dessen, was man sich unter dieser noch völlig unbekannten Macht vorzustellen habe. Auch wird eine Erklärung für das, was man da treibt, gegenüber anderen viel einfacher; insbesondere unter Berücksichtigung des Umstands, dass es für neue Rituale zwangsläufig noch keine Worte geben kann. Für eine solche Darstellung gibt es Unmengen von möglichen Varianten. Es kann ebenso ein auffällig geformter Stein sein wie ein ungewöhnliches Stück Holz, entweder "naturbelassen", so wie es vorgefunden wurde, oder so bearbeitet, dass die besonderen Charakteristika betont werden.

Verzierung – oder schon Verehrung?
Nun ist es so, dass wohl jedermann, der schon mal einen Strandspaziergang gemacht hat, dabei zufällig auf einen ungewöhnlichen Stein oder eine schöne Muschel aufmerksam geworden ist. Vor allem Kinder neigen dazu, solche Dinge gern auch einzusammeln und mitzunehmen; Eltern können davon ein Lied singen, was sich abends so alles in den Hosentaschen findet. Haben solche Stücke einen Erinnerungswert, so werden sie aufgehoben und erhalten einen besonderen Platz auf dem Fensterbrett. – Ist dies schon eine Form der Verehrung?

Eine eigene Art von Strandsteinen sind die sogenannten "Hühnergötter". Es handelt sich dabei um jede Art von Steinen, bei denen es durch natürliche Erosion zu einer Durchlöcherung gekommen ist. Solche Steine werden häufig ganz gezielt gesucht, gesammelt und dann – auf Schnüre aufgezogen – zu Mobiles oder Klangkörpern verarbeitet. – Ist dies Verehrung?

Als eine weitere Kategorie könnte man den Bereich der "Glücksbringer" oder "Talismane" bezeichnen. Allgemein bekannt sein dürfte wohl die Hasenpfote; ein geradezu klassisches Glückssymbol, das sich – allen Weltreligionen zum Trotz – bis in unsere Tage erhalten hat. Dasselbe gilt für Hufeisen, bei denen jeder weiß, wie herum man sie über einer Tür aufhängen muss, "damit das Glück nicht herausläuft". – Hat das etwas mit Verehrung von Pferden zu tun?

Um auf die Eingangsfrage zurückzukommen: Der Zeitpunkt, wann etwas von einem harmlosen Interesse zu einer aktiven Anbetung wird mit der Annahme, dass eine bestimmte Handlung ein gewünschtes Resultat hervorruft, dürfte schwer zu ermitteln sein. Der Umstand allein, dass ein Gegenstand als besonders wichtig oder wertvoll erachtet und deshalb aufgehoben und gepflegt wird, lässt noch nicht auf einen religiösen Hintergrund schließen.

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