Wer ist hier der Boss?

Wenn wir nur mal für einen Moment als gegeben voraussetzen, dass es "dort draußen" intelligentes Leben gibt; und nur mal angenommen, diese "Anderen" würden sich für uns interessieren. Dann stellt sich zwangsläufig die Frage: Mit wem können und sollten diese Wesen als erstes Kontakt aufnehmen?

Die Science fiction ist voll von den unterschiedlichsten Ansatzversuchen, diese Frage zu beantworten.

Es beginnt damit, dass es einen Unterschied macht, ob ein Besuch fremder Wesen eher zufällig "im Vorbeiflug" geschieht, oder ob man uns – womöglich schon seit Jahren oder gar seit Jahrhunderten – ganz gezielt beobachtet. Im ersteren Falle wäre es wohl tatsächlich dem Zufall überlassen, wo und mit wem ein Erstkontakt stattfindet. Dieses Szenario scheint mir das ungünstigere (für die Menschheit!) zu sein, denn man muss wohl davon ausgehen, dass ein unkoordiniertes Zusammentreffen zu Unsicherheit, zu Missverständnissen, zur Panik und letztendlich zum Chaos führen könnte. Ich hoffe, dass eine intelligente Spezies, die Interesse an uns hat, sich die Mühe machen wird, uns zunächst für einige Zeit unauffällig zu beobachten, um unser Tun und Denken verstehen zu können. Es wird sicher schwer zu begreifen sein, dass die menschliche Rasse, die sich als "Gipfel der Schöpfung" versteht, sich zwar klug genügt dünkt, das Atom zu spalten, aber nicht in der Lage ist, untereinander Frieden und den eigenen Planeten sauber zu halten.

Ist die menschliche Natur erst einmal aus der Ferne studiert, wird ein erster persönlicher Kontakt sicherlich schon aus purer Neugierde geplant werden. Sind die wirklich so ...? Zur Vorbereitung dieses Kontakts wird vermutlich bereits geklärt sein, auf welche Weise wir untereinander kommunizieren. Auch hier hat die Science fiction bereits verschiedene Ansätze zu bieten. Sehr häufig wird der Grundsatz "nach Hause telefonieren" gewählt; hier wird davon ausgegangen, dass die Aliens früher oder später in der Lage sind, unsere Sprachen zu verstehen und anzuwenden. Andere Modelle gehen davon aus, dass andere Wesen sich auf gänzlich fremdartige Art und Weise verständigen, beispielsweise durch Gedankenübertragung oder durch irgendeine, uns heute noch völlig unbekannte Methode.

Wenn wir mal davon ausgehen, dass diese Verständigungsprobleme berücksichtigt und bereits gelöst wurden, dann kommen wir zurück auf die viel wichtigere Eingangsfrage: Wer ist die Person auf unserer Erdkugel, die am ehesten infrage kommt, als Repräsentant der gesamten Menschheit zu dienen? Auch hier stets vorausgesetzt, dass die Außerirdischen durch Beobachtung und Verständnis der irdischen Politik- und Machtverhältnisse in der Lage sind, eine verantwortungsvolle und logische Entscheidung zu diesem Punkt zu treffen; außerdem natürlich vorausgesetzt, dass es die Möglichkeit gibt, Zeitpunkt und Ort eines ersten Zusammentreffens gezielt auszuwählen.  

Es muss jedem klar sein, dass die Antwort auf diese Frage enorme Auswirkungen haben wird, egal, wie sie lautet. Es ist nicht nur eine Prestigefrage; denn wer auch immer als erste Person auserwählt ist, wird auch enorme politische und historische Ausstrahlung gewinnen. Man denke in diesem Zusammenhang an den Entdecker Amerikas oder den ersten Menschen auf dem Mond. Außerdem wird die Nation, der diese Person angehört, höchstwahrscheinlich jede Art von Information – ob gewollt oder ungewollt – aus erster Hand (oder Pfote, oder wasauchimmer) bekommen und damit einen strategischen Vorsprung besitzen.

So stellt die KI sich einen Erstkontakt vor
Diesen Vorsprung zu erwerben und zu nutzen, wird wohl jede Nation der Erde für sich in Anspruch nehmen wollen. Welche dieses Rennen gewinnen soll, das liegt wohl im Auge des Betrachters. Es ist uns Menschen leider (noch) nicht gegeben, hier in globalen Zusammenhängen zu denken; vielmehr sind lokale Beweggründe ausschlaggebend, also Fragen nach nationaler Herkunft, Heimatverbundenheit und politischer Erziehung. Es wird bei einem unmittelbar bevorstehenden Erstkontakt auch wohl kaum Zeit sein, diese Fragen in einer demokratischen Abstimmung zu beantworten, also quasi die gesamte Menschheit nach ihrer Meinung zu fragen. Wie so oft, wird diese Angelegenheit wohl im kleinen Kreise eingeweihter Politiker (und vielleicht einiger Wissenschaftler) geklärt werden müssen. Zu Zeiten des Kalten Krieges hätte man wohl von über die "Roten Telefone" geführten Diskussionen gesprochen.

So traurig es ist: Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird hier wohl nicht die charakterliche Eignung einer Person zum Ergebnis führen, sondern deren politische Macht und Durchsetzungsfähigkeit. In Anbetracht des Umstandes, was diese Auswahl und die daraus folgenden Konsequenzen für die Zukunft der Menschheit bedeuten würden, kann man nur das Beste hoffen.

Vielleicht wäre es doch besser, die Aliens würden sich irgendein unschuldiges kleines Kind als ersten Gesprächspartner auswählen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Signale

Der italienische Physiker Enrico Fermi stellte 1950 eine interessante These auf, die sich zusammenfassen lässt mit der Frage: Wenn da drauße...